Forum Anwaltshaftung

  Sonntag, 18. April 2021
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Ich habe einen Prozess gegen Sixt Leasing geführt gehabt, da unsere RSV eine Deckung zugesagt hatte. Diesen Prozess haben wir letztes Jahr verloren, kurz bevor das Urteil gegen Sixt erging, das auch Kilometer Leasing Verträge widerrufbar sind.

Vom Gericht wurde direkt am Anfang schon kommuniziert, dass sie unsere Klage abweisen wird, weil wir ein Kilometer Leasing haben und das sei nicht von dem Widerruf betroffen.

Unsere Kanzlei wusste anhand der Unterlagen genau, das es ein Kilometer Leasing ist, weswegen ich mich ziemlich... hopps genommen gefühlt habe.

Meine Kanzlei meinte dann, wir sollen weiter, damit es zum BGH geht, aber meine Rechtsschutz hat eine weitere Deckung abgelehnt, es gäbe keine Aussicht auf Erfolg.

Ca. 3 Wochen später kam dann das höchstrichterliche Urteil gegen Sixt Leasing, da hatten wir aber bereits unsere Rechtsmittel zurück genommen und die Klage offiziell verloren.


Die gesamte Kommunikation mit der Kanzlei verlief damals schon nicht gut, weil man oft nicht auf Mails reagiert hat.

Ich frage mich, ob die Kanzlei in die Haftung genommen werden kann? Da sie ja gewusst haben muss, dass wir die Klage verlieren werden, weil es ein Kilometer Leasing Vertrag ist.
vor etwa 1 Jahr
·
#21830
Hallo Phil,

das Erheben der Klage gegen Sixt Leasing dürfte kein Anwaltsfehler gewesen sein, wenn es sich um eine noch nicht höchtsrichterlich entschiedene Frage gehandelt hat.

Der Anwaltsfehler scheint mir darin zu liegen, dass Ihr Rechtsanwalt keinen Kostenschutz von Ihrer Rechtsschutzversicherung für die nächste Instanz erhalten hat: Wenn er die Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung (RSV) führt, muss er Sie auch umfänglich über Ihre Möglichkeiten gegenüber der RSV belehren: Lehnt eine Rechtsschutzversicherung die Kostendeckung wegen angeblich fehlender Erfolgsaussichten der gewünschten Rechtsverfolgung ab, steht dem Versicherungsnehmer in aller Regel die Einholung eines Stichentscheides zu. Hierauf macht die RSV auch regelmäßig in ihrer Deckungsablehnung aufmerksam.

Für den Stichentscheid können Sie als Versicherungsnehmer auf Kosten der Rechtsschutzversicherung einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl - auch den mit der Sache ohnehin schon beauftragten Rechtsanwalt - beauftragen. Der Stichentscheid ist dann für die RSV verbindlich.

Wenn - wei bei Ihnen - für eine entscheidungserhebliche Frage noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, dann ist der Verlust einer oder auch zwei Instanzen in aller Regel noch kein Grund, an der zuvor ja einmal bejahten Erfolgsaussicht zu zweifeln. Denn es geschieht nicht selten, dass der Bundesgerichtshof in Dritter Instanz die Auffassung der beiden ersten Instanzen kassiert. Es spricht also viel dafür, dass ein Stichentscheid zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die RSV Ihnen auch für die nächste Instanz Kostenschutz zu gewähren hat.

Es wäre daher die Aufgabe Ihres Rechtsanwalts gewesen, die Möglichkeiten eines Stichentscheids mit Ihnen zu erörtern und zu empfehlen einen anderen Rechtsanwalt mit dem Anfertigen eines Stichentscheids auf Kosten Ihrer RSV zu beauftragen, wenn er den Stichentscheid schon nicht selbst hätte erstellen wollen.
Wenn diese Umstände daher nicht zur Sprache kamen, könnte es Ihrem RA anzulasten sein, dass Sie die weitere Instanz nicht durchgeführt und nicht zu dem Erfolg gekommen sind, den Ihre Rechtslage eigentlich verdient gehabt hätte.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Spirgath
Rechtsanwalt

vor etwa 1 Jahr
·
#21832
Hallo Herr Spirgath,

ich hätte noch einen Nachtrag, wenn das in Ordnung ist.


Es war so, dass ich in Berufung gegangen bin, die Kanzlei meine RSV darüber informiert hat, welche auch Deckung für die Berufung gab und dann gab es einen Hinweis des Gerichts, man forderte mich auf die Berufung zurück zu nehmen, weil ich auch hier keinen Erfolg haben würde.

Die Kanzlei hat daraufhin meine RSV über den Hinweis informiert, sowie über die Urteile, auf die das Gericht sich bezogen hat und gesagt hat, weshalb sie auch weiterhin ablehnen würden.

Daraufhin hat sich die RSV einen Tag vor Fristablauf gemeldet, die Kanzlei hatte der RSV wohl schon geschrieben, es hätte keine Aussicht auf Erfolg. Denn diese antwortete:

mit einer Rücknahme der Berufung besteht angesichts der aktuellen Rechtssprechung im Kosteninteresse Einverständnis.

Angesichts der aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs vom 05.11.2019, besteht auch kein rechtliches Interesse an einem rechtsmittelfähigen Berufungsurtei, da die Weiterverfolgung vor dem BGH angesichts des zitierten Urteils keine Aussicht auf Erfolg bietet. Kostenschutz könnte insoweit nicht gewährt werden.



Daraufhin bekam ich nur die E-Mail der Kanzlei, inklusive Schreiben, dass man nun die Berufung zurück nehmen muss, weil die Rechtsschutzversicherung nicht mehr bezahlen würde.

Aber vorher meinte man am Telefon noch, wir sollen es ruhig vor den BGH gehen lassen... gegenüber meiner Rechtsschutzversicherung hat man sich dann aber wohl anders geäußert, man sehe keine Aussicht auf Erfolg.


Darf ich fragen, wie viel es kosten würde, wenn Sie sich den Fall ansehen würden?
vor etwa 1 Jahr
·
#21833
Hallo Phil,

die Aussage der RSV "es besteht Einverständnis mit der Berufungsrücknahme" bedeutet nicht, dass Sie die Berufung auch zurücknehmen müssen. Hier scheint Ihnen durch Ihren Rechtsanwalt etwas falsch erklärt worden zu sein.

Mailen Sie mich doch unter info@anwaltshaftung-aktuell.de einmal an, dann können wir schauen, ob wir einen Fall daraus machen können!

Mit freundlichen Grüßen

Kai Spirgath
Rechtsanwalt

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