13.01.2009
Warum Sophie Fischer von Franz Josef Jung 1,2 Millionen Euro Schadenersatz fordert.
SCHLANGENBAD. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) soll 1,2 Millionen Euro Schadenersatz zahlen, weil er als Anwalt eine Mandantin aus Schlangenbad nicht nach allen Regeln der Kunst verteidigt hat. Die Zivilklage gegen ihn wird im April verhandelt.
Das Pech klebt Sophie Fischer scheinbar an den Fingern: Das war beim Kauf ihres Hauses im Jahr 1994 so, als ihr in Schlangenbad eine Immobilie angedreht wurde, die nicht mehr mit fließend Wasser versorgt werden kann. Denn der Brunnen war in den 70er Jahren illegal gebohrt worden und musste zwischenzeitlich auf Anordnung der Behörden zugeschüttet werden.
Nur über den Forstweg
Ihr Haus kann sie nur auf einem Forstweg erreichen, der eigentlich nicht befahren werden darf. Der Notar hatte ihr verschwiegen, dass sie kein Wegerecht hat. Auch darf sie keinen Wintergarten bauen. Anders als beim Verkauf zugesagt, sind bauliche Veränderungen nicht zugelassen: Die Immobilie liegt im Heilquellen- und im Landschaftsschutzgebiet.
Das Pech blieb der heute 70-Jährigen auch 2001 treu, als sie versuchte, den Kauf des im Wald gelegenen Hauses rückgängig zu machen und deshalb vor Gericht zog. Gutachter – sogar der Gutachterausschuss des Rheingau-Taunus-Kreises – hatten bestätigt, dass das Haus samt 6 300 Quadratmeter großem Grundstück nur die Hälfte der gezahlten 1,7 Millionen DM wert und der Kaufpreis sittenwidrig war. Dann aber beauftragte das Landgericht Wiesbaden einen Obergutachter, der am Kaufpreis nichts auszusetzen hatte. Folge: Sie verlor den Prozess. Dass das Zivilverfahren damals in die Binsen ging, darüber hatte der Kurier schon vor dreieinhalb Jahren berichtet. Neu ist nun, dass Sophie Fischer ihren ersten Anwalt für die Niederlage verantwortlich macht: Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung hatte sie vertreten.
Jung habe sich zu sehr auf jene Gutachter verlassen, die die Sicht der Klägerin teilten, sagt Kai Roland Spirgath. Er ist als Anwalt auf Anwaltshaftung spezialisiert und von Sophie Fischer beauftragt, den Minister auf Schadenersatz zu verklagen. Er sagt, Jungs Strategie sei gekippt, als der vom Gericht beauftragte Experte – anders als seine Vorgänger-Gutachter – zu dem Ergebnis kam, der Kaufpreis sei nicht sittenwidrig. Jung hätte der Zivilkammer die wesentlichen Mängel der Immobilie vortragen müssen. Auf die habe ihn Sophie Fischer hingewiesen. Spirgath sagt, so hätte das Verfahren gewonnen und der Vertrag rückabgewickelt werden können. Aber der heutige Minister habe diese Arbeit gescheut. Ein Fehler: „Ein Anwalt muss immer den für seinen Mandanten sichersten Weg gehen“.
Nun soll Jung den Schaden ersetzen. Von ihm fordert Spirgarth im Auftrag seiner Mandantin den Kaufpreis in Höhe von 869 000 Euro. Dazu die Erstattung der Verfahrenskosten, die sich auf 350 000 Euro summieren. Denn Sophie Fischer hatte in den 90er Jahren das Haus von einer Eigentümergemeinschaft gekauft: Vier Personen, die alle verklagt werden mussten, was die Kosten für sie vervierfachte. Dazu kommt der Weg durch die Instanzen: Denn der mit Anwalt Jung verlorene Prozess war Basis für zwei weitere Niederlagen vor Gericht, die letzte hatte sie im vergangenen April hinnehmen müssen.
Klage auf 50 Seiten
50 Seiten umfasst die Klageschrift, mit der Spirgath die Forderung begründet. Die Aussichten, diesen Prozess zu gewinnen, seien gut, sagt er. Jung hat sich bislang nur einmal öffentlich zu dem anstehenden Verfahren geäußert, das am 22. April vor dem Landgericht beginnt. Dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat er gesagt, er weise die Vorwürfe unter Berücksichtigung der ihm damals vorliegenden Informationen zurück. Auch zum Prozessauftakt vor der 7. Zivilkammer wird von Jung selbst nichts zu hören sein: Sein persönliches Erscheinen ist derzeit noch nicht vorgesehen.
Quelle: Christoph Cuntz, Wiesbadener Kurier