Heidelberg, den 27.03.2014
Das Landgericht Magdeburg hat einem unserer Mandanten mit Urteil vom 26.03.2014 (Az. 10 O 587/13) dem Grunde nach Schadensersatz gegen einen Rechtsanwalt wegen fehlerhafter Prozessführung zugesprochen.
Vorangegangen war der Fall eines mangelhaften Autokaufs. Unser Mandant ist gewerblicher Kfz-Händler und hatte 2008 bei einer Onlinebörse einen gebrauchten PKW gekauft. Aufgrund der Eigenarten des Internetkaufs stellte unser Mandant erst nach Übergabe des Fahrzeugs fest, dass dieses mit einem mangelhaft reparierten Vorschaden behaftet war, den der Verkäufer nicht angegeben hatte. Die in Magdeburg ansässige Rechtsanwaltskanzlei verklagte daraufhin den Verkäufer vor dem Landgericht Köln und begründete die geltend gemachten Ansprüche mit einer arglistigen Täuschung seitens des Verkäufers. Das Landgericht Köln wies die Klage mit der Begründung ab, dass eine arglistige Täuschung nicht vorliege. Unstreitig war zwar ein mangelhaft behobener Vorschaden bei dem erworbenen Kfz vorhanden; dieser war aber nach den Feststellungen des Landgerichts Köln nicht vorsätzlich, sondern allenfalls fahrlässig verschwiegen worden. Es lag daher keine arglistige Täuschung vor, sodass unser Mandant zunächst Nacherfüllung im Sinne des § 439 BGB hätte verlangen müssen.
Wir machten nun sämtliche eingetretenen Schäden einschließlich Prozesskosten, Wertminderung des PKW wegen des Vorschadens und der langen Standzeit sowie Finanzierungskosten, gesamt über € 20.000,00, gegen die Rechtsanwaltskanzlei geltend. Das für den Anwaltsregress zuständige Landgericht Magdeburg hielt das Urteil des LG Köln im Vorprozess zwar für fehlerhaft, verurteilt den Rechtsanwalt aber dennoch zu Schadensersatz, weil er bei der Prozessführung gegen das Gebot des sichersten Wegs verstoßen hatte:
„Allerdings kann dem Anwalt grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er nicht über die Notwendigkeit einer vorherigen Fristsetzung zur Schadensbehebung belehrt hat. In der Sache war nämlich eine Frist zur Nachbesserung entbehrlich, allerdings nicht etwa, weil eine arglistige Täuschung vorlag, sondern weil eine Nachbesserung rechtlich unmöglich im Sinne des § 275 BGB war. Die Existenz eines Unfallvorschadens ist ein von Anfang an nicht behebbarer Mangel (sog. qualitative Unmöglichkeit), weil auch über eine Nachbesserung Unfallfreiheit nicht hergestellt werden kann (mwN).
…
Vorzuwerfen ist dem Anwalt jedoch, dass er den Mandanten nicht hierüber aufgeklärt und umfassend beraten, sondern sich auf arglistige Täuschung gestützt hat, ohne eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen und den Mandanten hierüber zu informieren. Das gilt im übrigen selbst dann, wenn man der Argumentation des Beklagten folgt, dass die Fristsetzung wegen endgültiger und ernsthafter Verweigerung der Nachbesserung durch den Verkäufer entbehrlich war. Zwar war die Annahme einer arglistigen Täuschung … nicht ganz fernliegend. Doch wäre es der sicherere Weg gewesen, sich von vorneherein (auch) auf die rechtliche Unmöglichkeit der Nachbesserung zu berufen.“
(LG Magdeburg, Grundurteil vom 27.03.2014, Az. 10 O 587/13)
Das Urteil zeigt, dass der Rechtsanwalt unter dem Gesichtspunkt des sichersten Wegs grundsätzlich verpflichtet ist, mehrere denkbare Anspruchsgrundlagen, die geeignet sind, den gewünschten rechtlichen Erfolg des Mandanten herbeizuführen, in den Prozess einzuführen.
Das es sich bei dem Urteil um ein Grundurteil handelt, wird der Prozess nun fortgeführt um die streitige Schadenshöhe zu ermitteln.
Kai Spirgath
Rechtsanwalt