Anspruch auf Schadensersatz, wenn ein Prozess aufgrund eines Anwaltsfehlers verloren wurde und Berufung nicht eingelegt wird, weil der Anwalt den Mandanten nicht von den Kosten des Berufungsprozesses freistellt.
In einem Fall des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2005, Az: IX ZR 111/02, machten die Richter des zuständigen Senats noch einmal deutlich, dass ein Mandant die Befreiung von den Berufungskosten von seinem Anwalt verlangen kann, wenn die erste Instanz aufgrund eines Anwaltsfehlers verloren wurde. Weigert sich der Anwalt, seinen Mandanten von den weiteren Prozesskosten zu befreien und wird deshalb keine Berufung eingelegt, kann der Mandant von dem Anwalt Schadensersatz fordern.
1. Anwaltsfehler
In dem Fall ging es um eine Handelsvertreterin, die gerichtlich die Bezahlung ihrer Dienste von ihrem Auftraggeber forderte. Da der Anwalt der Handelsvertreterin ihren Anspruch allerdings unzureichend und nicht schlüssig darlegte, verlor die Handelsvertreterin durch diesen Anwaltsfehler den Prozess in der ersten Instanz.
Als die Handelsvertreterin daraufhin von ihrem Anwalt forderte, die Kosten der zweiten Instanz zu übernehmen, weigerte sich dieser. Deshalb legte die Handelsvertreterin keine Berufung ein.
2. Übernahmepflicht der Kosten
Schließlich verklagte die Handelsvertreterin ihren früheren Anwalt auf Schadensersatz.
Der verklagte Anwalt verteidigte sich mit der Behauptung, die Klägerin hätte trotz seiner Weigerung, die Kosten der nächsten Instanz zu tragen, Berufung auf eigenes Risiko einlegen müssen. Er behauptete weiterhin, dass der Prozess gewonnen worden und der Schaden nicht entstanden wäre, wenn die Klägerin Berufung eingelegt hätte. Er sei nicht zu einem Vorschuss der Kosten für die nächste Instanz verpflichtet gewesen, sondern hätte allenfalls nach Verlieren auch der zweiten Instanz die Kosten der Berufung übernehmen müssen.
Dies sah der zuständige Senat des Bundesgerichtshofs allerdings anders:
Ein Rechtsanwalt, der einen Prozess aufgrund eines Anwaltsfehlers verliert, ist verpflichtet, alle möglichen weiteren Schritte kostenlos einzuleiten, wenn durch diese Schritte ein Schaden vermieden werden kann.
Es ist daher kein Verschulden der Klägerin, dass sie keine Berufung eingelegt hat, da der verklagte Anwalt eine Kostenfreistellung der Klägerin ablehnte. In einem solchen Fall darf die Klägerin auf das Einlegen der Berufung verzichten.
Fazit von RA Spirgath:
Wichtiger Hinweis für Rechtsanwälte:
Es liegt in einem solchen Fall im eigenen Interesse des Rechtsanwalts, dem Mandanten die Kosten für das Berufungsverfahren abzunehmen! Denn dies ist die einzige Gelegenheit, den Fehler der ersten Instanz eventuell doch noch auszubügeln. Voraussetzung sollte aber sein, dass der Mandant den Fall ohne den Anwaltsfehler mit sehr großer Wahrscheinlichkeit gewonnen hätte. Denn der Mandant trägt im Regressprozess die Beweislast, dafür, dass er den Vorprozess gewonnen hätte. Viele Anwaltshaftungsklagen scheitern häufig daran, dass der Mandant gerade diesen Beweis zwischen Anwaltspflichtverletzung und kausalem Schaden nicht führen kann.